Inhaltsverzeichnis
Restauration eines französischen Röhrenradios
Ein Radio unbekannten Fabrikats findet sein neues Zuhause bei Stefan. Zu schade um es wegzuwerfen, wurde es kurzerhand von eBay geholt und daraufhin instandgesetzt. Durch einen Thread im Forum bei radiomuseum.org konnten viele wertvolle Informationen von Fachleuten zusammengetragen werden, mit deren Hilfe die ausstehenden Unklarheiten beseitigt werden konnten.
Typbezeichnung
In der Radiogeschichte Frankreichs gab es viele Klein- und Kleinsthersteller, die Radios teilweise ohne Markenname produzierten. Das Radio bleibt also wohl einfach „Type 387“. Viele Radios dieser Zeit nutzen Standardschaltungen der Röhrenhersteller und ähnliche Röhrenbestückungen, was die Rekonstruktion der Elektronik deutlich vereinfacht.
Die Beschriftung „Modele Alternatif“ weist wohl darauf hin, dass es für Wechselstrom ausgelegt ist, d.h. kein Allstromgerät.
Röhren
Die Röhrenbestückung besteht aus: EZ3, EF5, EK2, EF5, EBC3, EL3, EM1. Die mechanisch noch intakten Röhren (alle außer EM1) wurden im Röhrenprüfer auf Schlüsse, Vorhandensein von Emission und Gittersteuerwirkung untersucht - die EF5 zeigten sehr geringen (<1mA) Anodenstrom.
Schaltplan
Entsprechend der Verdrahtung wurde zuerst ein Verdrahtungsplan erstellt und aus diesem ein Schaltplan abgeleitet. Dieser ist aktuell in Version 7 herunterzuladen.
Besonderheiten
Das Gerät verfügte über eine eingebaute „Lichtantenne“, die auch auf der Rückseite beschrieben ist: Wenn der Wunsch besteht, Erde oder Antenne durch das Lichtnetz zu ersetzen, kann der entsprechende Anschluss über eine Drahtbrücke („Springer“, von engl. Jumper?) auf „Secteur“ gelegt werden, welcher über einen 2nF-Kondensator in Richtung Phase geht.
Außerdem ist an der Rückseite ein Drehschalter vorhanden, womit eine Klangregelung realisiert wird: Ein C gegen Masse, der über diesen Schalter angeschaltet wird, bedämpft Höhen vor Verstärkung durch die Endröhre - so kann der Ton zwischen „Hell“ und „Dunkel“ umgeschaltet werden.
Anzumerken ist außerdem, dass das Gerät wohl ein höherwertiges Modell war, denn es ist zusätzlich ein HF-Vorverstärkerkreis mit einer EF5 zu finden - das ist sonst nur selten zu sehen.
Übersetzung der Bedienungsanleitung
ACHTUNG: Dieses Gerät funktioniert mit Wechselstromnetzen mit 50 Hertz. Für 25 Hertz- oder Gleichspannungsnetze wird ein Spezialgerät benötigt.
Kurzanleitung:
1. Stecken sie den Netzstecker in die Steckdose, nachdem sie die Steckbrücke am Transformator auf die zur Netzspannung passende Stellung gesteckt haben.
2. Stecken sie die Antenne und die Erde an. Wenn sie gern einen der beiden Anschlüsse durch das Lichtnetz ersetzen möchten, verbinden sie den Anschluss „NETZ“ über eine Steckbrücke entweder mit dem Anschluss „ANTENNE“ oder „ERDE“, um diesen Effekt herbeizuführen.
3. Für die Verwendung eines Tonabnehmers schließen sie den Plattenspieler an den Anschluss „PICK-UP“ an.
Dokumentation der Restauration
vor dem 31.3.2014
31.3.2014
- Paket ist in Hermsdorf eingetroffen, wurde nach hause geholt
1.4.2014
- Auspacken des riesen Paketes, siehe Bilder
- leider ist das Glas vom Magischen Auge kaputtgegangen, da muss ein neues her
- Skalenscheibe war nach oben gerutscht, ist aber heile und in gutem Zustand
- Farbe blättert ab vom Gehäuse, da muss etwas getan werden
- kein Rost bisher gesichtet
- es wurde scheinbar nur wenig Pfusch betrieben bisher
- Die Ringe an den Einstellreglern haben keine eigene Funktionalität, sind nur angeklebte Deko, die sich gelöst hat
04.04.2014
- Chassis (inkl. Skalenteil) aus dem Gehäuse ausgeschraubt
- Lautsprecher ausgebaut
- Alle Röhren ausgesockelt
- eine Klappert sehr, mal gucken was damit wird
- Skalenteil vom Chassis vereinzelt
- ersten Eindruck von der Elektronik verschafft
- der Fehlende Drehsteller hinten! (scheinbar ein Poti [anm: Ein Schalter]) ist noch vorhanden, nur aus unbek. Grund innen
- Elektronik ist nicht sichtbar verbastelt und recht übersichtlich aufgebaut, siehe Bilder
- Lautsprechermembran ist in extrem gutem Zustand
- Trafo war auf 230V gesteckt, also schonmal unwahrscheinlich, dass damit jemand was kaputtbekommen hat.
- Alle Einzelteile in Tüten, beschriftet, Röhren sicher verpackt
- Gesamtzustand des Radios ist so, dass „an der Luft liegende“ Teile angelaufen sind, viele Teile aber noch richtig glänzen, scheint also keine große Feuchtigkeit abbekommen zu haben
5.4.2014
- Entfernen der äußeren Bügel
- Entfernen der Platte, die den Lautsprecher hält und auf der der Stoff aufgeklebt ist
- Stoff ist in gutem Zustand, an den belichteten Stellen etwas dunkler als innen, aber keine Risse etc
- Vollständiges freilegen des Holzgehäuses, Entfernen aller Schrauben
- Auskehren und Säubern von Chassis und Gehäuse
- Holzgehäuse hat innen einen kleinen Riss
- Eine Nut/Feder unten links drückt sich leicht auseinander, da muss nachgebessert werden
- Inspektion der Holzoberfläche
- soweit guter Zustand, ist wohl eine nicht deckende Farbe
- hat leider viele Risse/Abblätterungen/Kratzer
- evtl abschleifen und neu streichen?
4.5.2014
- äußere Bügel mit Elsterglanz wieder auf Hochglanz poliert
- Abstimm-Mechanik zur Gummi-Erneuerung mitgegeben
3.4.2015
- Verdrahtungsplan aufgenommen
- Elektronik scheint in gutem Zustand zu sein!
4.4.2015
- Rekonstruktion Schaltplan (Version 1)
- Lautsprecher-Belegung herausgefunden
5.4.2015
- Belegung der Becher-Spulentürme rekonstruiert, in Schaltplan eingetragen
- Chassis-Reinigung
- verbleibende Elemente in Schaltplan übertragen, nun vollständig
- Erkenntnis: Lautstärkepoti mit kombiniertem Netzschalter ist nicht mehr vorhanden
- Elkos entfernt, Ersatz bestellt
6.4.2015
- Rekonstruktion Anschluss EM1
7.4.2015
- Anschluss Lautsprecher
- Gehäuse zur Lackreparatur geschafft
12.4.2015
- überarbeitetes Gehäuse von Opa erhalten - wieder Top in Schuss!
- Einbau des Lautsprecherstoffes und Anbau der Bügel
- es wird wieder ein Radio :)
14.04.2015
- Erneuerung der drei Elkos
- Nach Inbetriebnahme Funken in der Gleichrichterröhre, danach Explosion eines Elkos → falsche Spannungsfestigkeit verwendet (nur 350V bei ~380V Hochspannung)
- funken kamen wohl von vorherigen Durchschlägen in den Elkos
18.04.2015
- Elkos durch 450V-Typen ersetzt
- 220nF-Kondensatoren ersetzt (Teeries)
- Inbetriebnahme:
- LS-Poti kann man leicht kratzen hören
- Tongenerator (0,1V) an Pick-Up-Eingang produziert guten, unverzerrten Output - LS brummt kaum!
- Lautstärke-Poti hat kaum einen Einfluss - ist das möglicherweise in der Schaltung normal?
- Landraht angeschlossen: auf Kurzwelle sind Sender zu empfangen!
- hier wird auch die Vorstufe nicht benutzt(?)
- sehr trennscharf (aber auch kein Empfängerrauschen zu hören - zu unempfindlich?)
- sehr wenige Sender zu hören (2-3 tagsüber)
- auf LW und MW nichts zu hören - abends probieren!
22.04.2015
- Neue EF9 statt EF5 eingebaut (erhalten von J. Roschy)
- Empfänger ist wieder empfindlich - HF-Rauschen ist zu vernehmen und viele Sender sind zu hören, auf allen Bändern
- Drehko funkt beim durchdrehen (Platten ausrichten!)